Jan Kreutz ist unser Experte für Gins aller Art. In seinen Gin-Tastings in Berlin zeigt er neugierigen Genießern seine selbst kreierten Gins und viele weitere schillernde Persönlichkeiten der aktuellen weltweiten Gin-Szene.
„An Gin fasziniert mich die unendliche Vielfalt der Geschmacks- und Aromenkombinationen, die man mit dieser einen Getränkekategorie herstellen kann. Erstaunlich an alkoholischen „Geisten“ wie Gin ist auch, wie präzise man den Geschmack eines Botanicals wie Steinpilz, Chili, Salbei oder Zimt in ein Getränk destillieren kann.“
Steckbrief
Name: Jan Kreutz
Geboren am: 03.04.1980
Familienstand: verheiratet, keine Kinder
Abschluss: Diplom-Politikwissenschaftler, Sommeliermeister, Wein und Spirituosen Diplom (Level IV WSET)
Beruf: Unternehmer und Gin-Destillateur
Ich habe immer viele verschiedene Interessen gehabt und
kann mir nicht vorstellen, mein Leben lang immer dasselbe
zu machen. Als Kind hatte ich großes Interesse an Tieren und
Pflanzen, habe mich dann gerne mit Mathematik beschäftigt
und war als Teenager aktiver Leichtathlet. Nach dem Abitur
habe ich in Berlin Politikwissenschaften studiert und 10 Jahre
in Brüssel als Politikberater gearbeitet. Zwar habe ich einiges
bewegen können und hatte immer interessante Aufgaben.
Aber 2014 habe ich mit meiner Frau in Brüssel die Zelte
abgebrochen, wir hatten genug vom Hauen und Stechen im
politischen Umfeld.
Im selben Jahr habe ich mit der World of Boutique Wines
GmbH meine erste Firma gegründet, die Wein, Gin und
Whisky Events anbietet. 2019 hat es mich dann in den Fingern
gejuckt, nicht mehr nur über Gin von anderen Herstellern zu
sprechen, sondern eigene Gins zu entwickeln. Daher habe ich
die Berlin Distillery gegründet. Mir war von Anfang wichtig,
alles selbst zu machen und nichts von einer großen Brennerei
oder Aromenherstellern zu beziehen: wir wählen unsere
nachhaltigen und möglichst regionalen Zutaten sehr
sorgfältig aus, destillieren alle Spirituosen in unserer
Brennblase in Berlin selber, füllen selber die Flaschen ab und
betreiben unser eigenes Vertriebsnetzwerk. Natürlich führen
wir auch alle unsere Gin Events – wie die Brennereiführung,
den Gin Brennkurs, virtuelle Gin und Whisky Tastings, virtuelle
Gin Brennkurse und unsere Gin Safari und Gin
Cruise durch Berlin – selbst durch.
12 Fragen an Jan Kreutz
1. Woher kommt deine Leidenschaft für Gin/ Spirituosen?
Ich habe schon als Kind gerne Speisen aus verschiedenen Ländern probiert. Sobald ich es durfte, habe ich auch mit großer Leidenschaft unzählige Weine, später dann auch Whisky, Gin und Rum verkostet. An Gin fasziniert mich die unendliche Vielfalt der Geschmacks- und Aromenkombinationen, die man mit dieser einen Getränkekategorie herstellen kann. Erstaunlich an alkoholischen „Geisten“ wie Gin ist auch, wie präzise man den Geschmack eines Botanicals wie Steinpilz, Chili, Salbei oder Zimt in ein Getränk destillieren kann. An Whisky fasziniert mich die aromatische Vielfalt, obwohl alle Single Malt Whiskys aus denselben Zutaten herstellt werden: gemälzter Gerste, Hefe, Holzfässern und Zeit.
2. Wie lautet Dein Lebensmotto?
Ehrlich gesagt habe ich kein Motto. Ich versuche aus jedem Tag das Beste zu machen, und einerseits die Berlin Distillery ein Schritt weiter voranzubringen, andererseits auch an meine Frau und ab und zu an mich selbst zu denken und gutes Essen, gute Getränke, Reisen und Sport zu genießen.
3. Mit welchem Drink kriegst du jeden rum?
Unser beliebtester Gin ist der Sundown Gin. Mit seinen fruchtigen Noten von frischer Grapefruit, Orange und Sanddorn sowie der Würzigkeit des Wacholders passt dieser Gin vor allem als Aperitif oder entspannter Longdrink auf der Terrasse, im Garten oder im Park. Am liebsten serviere ich ihn als Sundown Gin Fizz, mit frischem Orangen- oder Grapefruitsaft, etwas Zuckerrohrsirup und einem guten Sekt, Prosecco oder Champagner.
4. Welcher ist dein Lieblingsgin?
Ich habe wirklich keinen Lieblingsgin. Wie beim Wein finde ich, dass man zu jeder Situation, zu jedem Moment den passenden Gin wählen muss. Als After-Work-Gin trinke ich gerne einen Sundown Gin, zum Essen passt dann der BBQ Dry Gin, später am Abend trinke ich dann lieber den Berliner Nacht Gin und am Wochenende im Park den Urban Garden Gin. Wobei ich betonen muss, dass ich nicht jeden Tag alle unserer Gins trinke, meiner Leber geht es trotz meines Berufs noch ziemlich gut. Ich habe zwar auch immer viele Gins von anderen Herstellern zu Hause stehen – man muss sich ja informieren, was die Konkurrenz macht ? – trotzdem trinke ich tatsächlich am liebsten meine eigenen Gins. Ich habe die Rezepte unserer Gins halt so zusammengestellt, wie mir Gins am besten schmecken.
5. Welcher Gin schmeckt dir gar nicht?
Da fällt mir keiner ein und ich würde auch keinen Kollegen reinreiten, in dem ich seinen oder ihren Gin hier nenne. Aber in den meisten Fällen gefallen mir jene Gins besser, bei denen der Ideengeber hinter dem Gin selbst die Spirituose herstellt und nicht bei einem großen Hersteller in Auftrag gegeben hat – ich finde ein Gin muss auch eine Seele haben, damit er gut schmeckt.
6. Das schlimmste Desaster beim Gin brennen?
Wir haben mal versucht Schokolade und Kakaopulver auf einer kleinen 2 l Brennblase zu destillieren. Wegen des hohen Fettanteils ist aber dann solch ein Druck entstanden, dass das Oberteil der Brennblase abflog und die gesamte Brennerei mit Schokolade bespritzt wurde – aber niemand wurde verletzt und wir konnten die Sauerei sauber machen. Da wir fast täglich destillieren und nur eine kleine 40 l Brennblase haben, ist es aber immer ein Desaster für uns, wenn aus irgendeinem Grund die Brennblase ausfällt oder der Neutralalkohol zum Destillieren beziehungsweise Botanicals mit Verspätung ankommen, dann haben wir immer einen kurzen Produktionsstop. Bisher hat aber noch niemand auf seinen Berlin Distillery Gin warten müssen.
7. Und dein größter Erfolg?
Mein größter Erfolg ist, dass unser Gin bei Gin-Liebhabern genauso wie bei Gin-Einsteigern, Bartendern und Händlern so gut ankommt. Obwohl der Gin-Markt derzeit sehr stark umkämpft ist und sich dort viele sehr große Firmen mit praktisch unbegrenzten Marketingbudgets tummeln, erfreut sich unser Gin großer Beliebtheit und wir wachsen seit der Präsentation unserer ersten Gins vor 1,5 Jahren ständig. Zwar haben wir auch einige Medaillen bei Spirituosenwettbewerben gewonnen, aber mir ist wichtig, dass nicht nur die „Experten“, sondern vor allem unsere Kunden unsere Gins genießen und glücklich damit sind. Daher ist es jedes Mal, wenn ein Kunde mit unseren Gins und unseren Veranstaltungen zufrieden ist, ein großer Erfolg für die Firma und für unser Team.
8. Was ist dein heimliches Genuss-Laster?
Ich genieße gerne gutes Essen, gute Weine und gute Spirituosen – dabei geht es mir nicht darum, dass sie teuer sind, sondern dass sie mir schmecken und ich immer etwas Neues entdecke. Ein Laster ist das aber eigentlich nur, wenn ich nicht genug Sport mache, um die reinkommenden Kalorien wieder zu verlieren.
9. Was ist dein Geheimnis beim Gin brennen?
Gute Zutaten, sorgfältige Bearbeitung, sich wenig auf Maschinen, sondern mehr auf die eigene Sensorik und Erfahrung verlassen, sich Zeit nehmen und seinen Kunden zuhören, was sie gerne trinken. Wir verwenden einen sehr hochwertigen Bio Neutralalkohol, frische Zitrusfrüchte einer Bio-Finca auf Mallorca, biologisch angebauten Wacholder und wo es geht regionale Produkte, wie Sanddorn, Äpfel und Spargel aus Brandenburg und Strandbeifuß von unserem eigenen Dachgarten. Wir destillieren auf einer sehr kleinen 40 l Brennblase, wo wir alle Prozesse unter Kontrolle haben und alle Destillate mit geschulter Nase und geschultem Gaumen kontrollieren.
10. Dein Tipp an alle Hobbybartender: Mit welchem Trick oder Cocktail-Knowhow beeindrucke ich jeden?
Gerade bei guten Gins gilt, man sollte den Drink nicht mit zu vielen und vor allem zu intensiven Zutaten überfrachten. Wenn ich einen hochwertigen Gin für meinen Gin Tonic oder Gin Cocktail verwende, möchte ich diesen Gin auch rausschmecken können. Daher sollte man ihn nicht mit einem zu süßen und zu intensiven Tonic ertränken und die Aromen nicht durch zu viele andere Getränke und Dekorationen überdecken.
11. Hot or Not: Welcher aktuelle Hype in den Bars dieser Welt ist in deinen Augen totaler Quatsch?
Ob sich ein Trend durchsetzt, entscheidet im Endeffekt der Kunde. Ich bin persönlich kein Fan von Gins, bei den man keinen Wacholder mehr rausschmeckt. Bei solch einem vermeintlichen Gin, an dem im besten Fall noch ein paar Wacholderbeeren am Tank vorbeigerollt sind aber kaum Wacholder für die Destillate verwendet wird, handelt es sich eigentlich eher um einen flavoured Vodka, aber für den könnte man nicht so viel Geld verlangen. Und ich mag keine Gins, die durch ihre Intensität und ihren künstlichen Geschmack zeigen, dass kaum oder nicht ausschließlich natürlich Zutaten verwendet wurden.
12. Wenn du nicht Gin-Experte wärst, wärst du heute stattdessen…
Ich werde sicherlich nicht mein Leben lang Gin brennen. Wenn ich noch einmal etwas Neues anfange, würde ich versuchen, etwas im Bereich erneuerbare Energien oder nachhaltige Mobilität zu machen. Ich kann mir auch gut vorstellen, einen Weinberg im Ausland aufzubauen oder in einem Urlaubsressort zu arbeiten.
Spargel in der Brennblase
Blick in die Brennblase
Aromatische Sanddornbeeren
Hübsch anzusehen: Violetter Flieder im Gin